Saisonbericht 2021
Wetter und Folgen
Das Wetter mit Wind und Kälte im April/Mai hatte starke Auswirkungen auf das Brutgeschehen und unsere Schutzarbeit.
Zug
Zwischen dem 20. April und 10. Mai herrschte ein strenger Nord-Ost Wind. Dies führte dazu, dass Wiesenweihen (WW) und andere Zugvögel den Heimzug bei diesem Gegenwind nicht fortsetzten und ein sogenannter Zugstau entstand.
Üblicherweise beobachten wir die erste WW ab dem 25. April, am 5. Mai sind dann die meisten WW im Brutgebiet angekommen. In diesem Jahr verzögerte sich die Ankunft und zog sich bis Ende Mai hin.
Vegetationsentwicklung und Brutplatzwahl
Der April und die erste Maihälfte waren ungewöhnlich kalt. So gab es eine um ca. 3 Wochen verzögerte Vegetationsentwicklung, die Folgen für die Brutplatzwahl der WW hatte.
In Normaljahren werden Feldgras und Luzerne um den 10 Mai gemäht. WW brüten theoretisch gerne in diesen beiden Kulturen. Durch die frühe Mahd sind sie dann aber gezwungen, ins Getreide auszuweichen. Im Getreide haben sie dann - außer im Grünroggen, der früh für die Silage gemäht wird - mindestens 6 Wochen Ruhe bis zum Dreschen. Mit den regelmäßigen Pestizidspritzungen kommen sie klar. Luzerne- und Feldgrasflächen werden kontinuierlich bis zu 6 x gemäht. Bei Restflächen auf diesen Kulturen entstehen somit auf einer Fläche ca. 5 x Ernteverluste.
Durch die verzögerte Vegetationsentwicklung wurden Feldgras und Luzerne in diesem Jahr später gemäht. Diese Mahd fiel dann mit der Eiablage zusammen. Wir mussten also unter Zeitdruck die brutbereiten Paare in Feldgras und Luzerne finden und bei den Landwirten die Mahdtermine abfragen. In einigen Fällen konnten wir erreichen, dass unmittelbar vor Brutbeginn vorgezogen gemäht wurde und die Paare in benachbarte Getreideflächen auswichen. Bei einer Luzernebrut und insbesondere in einem 33 ha großen Feldgrasschlag war eine vorgezogene Mahd nicht möglich und auf 2 Teilflächen begannen 3 bzw. 4 Paare mit Nestbau und Eiablage.
Zur Getreideernte sind meist schon Jungvögel in den Nestern und die Altvögel haben eine starke Nestbindung, sodass üblicherweise der Erhalt einer Restfläche von 50 m x 50 m oder weniger ausreicht, um die Bruten zu schützen. Zum Zeitpunkt der beginnenden Eiablage besteht diese starke Nestbindung der weiblichen Wiesenweihen jedoch noch nicht. Störungen führen daher dann leicht zu Nestaufgaben. Die Störungen bestehen nicht nur durch die Mahd- und Auflesearbeiten, sondern auch durch die durch die Mahd zahlreich angelockten Greif- und Rabenvögel. Eine Restfläche von jeweils 50 m x 50 m bei den Nestern und den ersten Eiern hätte somit nicht ausgereicht und Brutaufgaben waren zu erwarten. Wir konnten in Absprache mit dem Landwirtschaftsbetrieb erreichen, dass 2 Flächen von 3,5 und 4 ha bei der Mahd ausgespart wurden, um die beginnenden Bruten nicht zu stören.
Leider blieben trotz dieser Bemühungen schlussendlich doch nur 2 Bruten übrig. Ob dies auf die Störungen oder auf die verschlechterte Nahrungsbasis (s.u.) zurückzuführen ist, können wir nicht einschätzen. Wir konnten eine der beiden Restflächen komplett freigeben und die andere mit den 2 Bruten in 2 Schritten erheblich reduzieren.
Mäusebestand und Auswirkungen
Gab es 2020 einen relativ hohen Mäusebestand, so verringerte sich dieser ab ca. März 2021 kontinuierlich. Es gab im Sommer nur wenige Flächen, auf denen ein guter Mäusebestand erhalten blieb. Das hatte Folgen für das Verhalten der WW und unsere Schutzarbeit. In Jahren mit normalem oder guten Mäusebestand kann man davon ausgehen, dass sich längere Zeit an einem Ort aufhaltende und balzende Paare dort auch brüten werden. In diesem Jahr verschwanden häufig balzende und sicher geglaubte Paare. Durch Beringung konnten wir nachweisen, dass einzelne Paare oder zumindest ein Partner an bis zu 4 Orten balzten. Das erschwerte unsere Paar- bzw. Brutreviersuche erheblich.
Die Hälfte (9) aller Paare, die einzelne Eier oder ein vollständiges Gelege hatten, gab die Brut vorzeitig auf. Diese Bruten hatten wir durch Beobachtung der Balz, Nestbau und das Brüten der Weibchen mit Beuteübergabe am Nest lokalisiert. Die Brutaufgabe erfolgte vor dem Aufsuchen der Nester und damit auch vor der Gatterung. Mit etwas Beobachtungs-Erfahrung kann man bei eierlegenden Weibchen im Flug sehen, dass sie „schwanger“ sind, d. h. ein Ei in sich tragen (sog. „Legebauch“).
Bruten und Bruterfolg
Anzahl der Bruten
Wir gehen von 18 Brutpaaren aus, davon 2 in Sachsen-Anhalt. Weitere nur kurz balzende Paare verschwanden frühzeitig. Das ist damit die höchste Zahl an Brutpaaren seit der systematischen Nestsuche ab 2013. 9 Bruten wurden frühzeitig aufgegeben (s. o.). Alle gegatterten Bruten waren erfolgreich. Die Brutstatistik findet sich am Ende des Berichts.
In einem Fall führte eine in Nestnähe durchgeführte Getreidesortenschau mit Zeltaufbau und zahlreichen Besuchern zur Brutaufgabe. Wir konnten zwar erreichen, dass das Schauzelt umgesetzt wurde, aber offensichtlich war dies zu spät.
Bei einer weiteren Brut gehen wird davon aus, dass Lagergetreide zur Brutaufgabe führte.
Eine Brut in Sachsen-Anhalt, von der wir angenommen hatten, dass das Paar abgewandert sei, wurde mit 2 Jungvögeln beim Dreschen entdeckt und die Jungvögel umgesetzt.
In einem Fall wurde eine späte Brut samt Nestschutzgatter in ein nahe gelegenes Feldsoll umgesetzt, damit die nachfolgende Rapskultur gesät werden konnte.
Bruterfolg
Mit 27 ausgeflogenen Jungvögeln können wir ein sehr gutes Gesamtbrutergebnis vorweisen. Insbesondere auch wenn wir berücksichtigen, dass der Mäusebestand nur sehr mäßig war. 6 Nesthäkchen konnten gerettet werden und 1 Jungvogel wurde direkt nach dem Ausfliegen von einem Raubsäuger gefressen.
Unser Schutzregime
Nestschutzgatter
Nach Feststellung eine Brutstandortes durch Beobachtung von Nestbau, „schwangerem“ Weibchen, Beuteübergabe vom Männchen an das brütende Weibchen warten wir ca. 10-14 Tage vom Zeitpunkt der vermuteten Ablage des ersten Eies. Dann suchen wir das Nest erstmalig auf und stellen das Nestschutzgatter auf. Dabei achten wir darauf, dass wir möglichst wenig Getreide niedertreten. Die Gatteraufstellung wird mit den Landwirten abgesprochen, die nach unserer Erfahrung sehr kooperativ sind.
Das Nestschutzgatter ist 1m hoch hat eine Grundfläche von 2m x 2m. Es besteht aus grünem Einstabmattenzaun. Ein nach außen 70 cm überstehender Überkletterschutz verhindert zuverlässig, dass Füchse oder andere Raubtiere kletternd ans Nest gelangen.
Aufzucht von Nesthäkchen
Regelmäßig legen Wiesenweihen mehr Eier, als nachher Jungvögel aufgezogen werden. Da sie beginnend mit dem 1. oder 2. Ei brüten, schlüpfen die Jungvögel mit 2-tägigem Abstand. Ist wenig Mäusenahrung vorhanden, wird der kleinste Jungvogel unzureichend versorgt und wird zum sogenannten Nesthäkchen, dass schließlich meist stirbt und verfüttert wird. Wir entnehmen diese Nesthäkchen und ziehen sie einige Tage von Hand auf, bevor wir sie in ein Nest setzen, in dem nicht mehr als 3 Jungvögel mit etwa gleicher Größe sitzen. Die Eltern akzeptieren diesen Jungvogelaustausch problemlos. Auf diese Weise können wir die Anzahl der ausgeflogenen Jungvögel steigern.
Restfläche
Steht die Ernte an, treten wir wieder mit den Bauern in Kontakt und markieren eine sogenannte Restfläche von 50 m x 50 m mit langen Bambusstangen. Diese Restfläche bleibt bei der Ernte ausgespart und stellt sicher, dass die zu diesem Zeitpunkt noch kleinen Nestlinge später erfolgreich ausfliegen können. Die Vogelschutzwarte Brandenburg zahlt eine Prämie von 250,00 € an die Landwirte. Sind die Jungvögel ausgeflogen und suchen das Nestschutzgatter nicht mehr auf, entfernen wird das Gatter und geben die Restfläche zur Ernte frei.
Damit ist unsere Feldarbeit für das Jahr abgeschlossen
Beringung und Wiederfunde
Wir beringen alle Jungvögel und vereinzelt auch die Altvögel. So können wir feststellen, welche Jungvögel sich hier wieder ansiedeln und brüten. Ein Großteil der bei uns brütenden WW stammt aus „unseren“ Bruten. Dies beweist den Erfolg unseres Schutzprojektes. Anhand der Beringung lassen sich aber auch Wechsel zwischen weit entfernten WW-Populationen feststellen. Unsere Wiesenweihen wanderten z. B. nach NRW, Sachsen-Anhalt, Holland, Tschechien, Polen ab. Wir bekamen Unterstützung aus Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt, Bayern, Polen und Tschechien.
Aufwand
Am aufwändigsten ist die Suche nach den Brutplätzen. Aber auch die Betreuung der Bruten erfordert viel Einsatz. In diesem Jahr wie auch in den Vorjahren wurden Antje und ich maßgeblich von Marianne und Axel aus Berlin unterstützt. An 38 Tagen waren sie je 592 Stunden beim Wiesenweihenschutz aktiv und legten mit ihren Fahrrädern 1.430 km zurück. Antje und ich kamen auf 1.160 Stunden Feldarbeit und legten 17.000 km zurück.
Danksagung
In diesem Jahr erhielten wir erstmalig eine finanzielle Unterstützung der Stiftung Pro Artenvielfalt, die uns vor allem die Fahrkosten erstatteten. Dafür bedanken wir uns auch an dieser Stelle.
Nachfolgend die nüchternen Zahlen des Schutzprojektes Wiesenweihen im Fläming von 2021:
18 Bruten
2 davon in Sachsen-Anhalt (Kreis WB)
0 davon Nachgelege
9 Bruten erfolgreich
9 Brut frühzeitig abgebrochen (Gelegeaufgaben)
10 verschwundene Paare nur Balz, ggf. Nest
0 Brut vermutlich ausgemäht
8 Gatter aufgestellt
8 Restflächen
0 davon Restfläche mit Elektrozaun
27 juv flügge (davon 4 in ST)
25 Beringungen juv (davon 2 ST)
6 Nesthäkchen umgesetzt
0 tot nach Ausfliegen
1 juv tot vor Ausfliegen (Störung + Prädation außerhalb Gatter)
1 ad W beringt
0 ad m beringt
5 ad gefangen (Uhu) 4x eWf, 1x neu beringt
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