Saison 2022

Saisonbericht 2022


2022 war ein absolutes Ausnahmejahr, wie es seit 2010 noch nicht vorgekommen ist.

 

Gegenüber 18 Brutpaaren im Vorjahr mit 27 Jungvögeln (was das zweit-beste Brutergebnis seit Beginn des Schutzprojektes 2010 war) wurde 2022 zum Katastrophenjahr mit nur einer erfolglosen Brut. Von 18 Brutpaaren im Jahr 2021 blieb -neben 4 kurz anwesenden Paaren – 1 erfolgloses Brutpaar übrig.

 

Die ersten Beobachtungen im Gebiet gelangen Peter Schubert am 29.04. am Keilberg bei Jüterbog und am 30.04. in den Belziger Landschaftswiesen / Planetal. Im zentralen Brutgebiet wurden die ersten WW erst am 15.05. in Oehna (HB,AD) und 17.05. in Rohrbeck (HB) gesehen. In anderen Jahren hatten wir z. B. auf einer Erkundungstour am 02.05. Beobachtungen von 27 Wiesenweihen.

 

Schon früh war daher klar, dass wir ein Ausnahmejahr hatten.

 

  • Im letzten Jahr füllte unsere Beobachtungsliste für den Fläming 29 Seiten; in diesem Jahr blieb es bei 6 Seiten.
  • Auch die bis 20. Mai auf Ornitho.de erfassten Beobachtungen liegen nur bei etwa 30% im Vergleich zu Vorjahren.
  • In Bayern sank der Brutbestand von ca. 250 BP im Jahr 2021 auf unter die Hälfte.
  • Auch in anderen europäischen Regionen gab es eine drastische Reduzierung der Bruten von 2021 auf 2022, wie meine Umfrage über die europaweite Wiesenweihen-google-Gruppe ergab (z.B. Spanien Region Cadiz von 120 BP auf 69 oder West-Slowakei von 11 auf 0).

 

Wir vermuten ein Problem auf dem Zug. Entweder einen Zugstau mit Ansiedlung in anderen Gebieten oder drastische Verluste auf dem Zug. Dies passt zu der verspäteten Ankunft vieler anderer Arten, z.B. auch Rohrweihen. Hinzu kam bei uns ein Einbruch der Mäusepopulation Anfang 2022.

 

Obwohl wir (Antje und ich) in 577 h 8.500 km auf der Suche nach Wiesenweihen zurückgelegt haben, und Marianne Berthold, Axel Goldau (beide zusammen: 236 h und 1.000 km mit Fahrrad), Gabriele Kostas (30 h, 550 km), Herbert Henderkes uns wieder gut unterstützt haben, hatte wir nur wenige Beobachtungen und noch weniger Bruten/Bruthinweise (s.u.).

 

Im letzten Jahr hatten wir 18 Paare, von denen 9 Bruterfolg hatten und 27 Jungvögel ausflogen. Die Bilanz 2022 sieht so aus:

 

1 Brut gegattert ohne Bruterfolg + 5 balzende Paare, teils mit Nestbauaktivitäten.

 

1.   1 Paar außerhalb des bisherigen Brutgebietes – gegattert, erfolglose (Kranepuhl)

2.   1 nestanzeigendes Paar - abgewandert (Bochow)

3.   1 balzendes Paar - abgewandert (Schlalach)

4.   1 Paar mit Nestbau - lange anwesend (Pflügkuff)

5.   1- 2 Paare in den Belziger Landschaftswiesen mit Hilfe der Außenstation der Staatlichen Vogelschutzwarte Brandenburg – hier gab’s in den letzten Jahren keine Brutnachweise mehr.

 

An allen 5 Plätzen wurden neben dem jeweiligen Paar auch zusätzliche Wiesenweihen festgestellt.

 

Brutpaar

Die einzige Brut verlief zu Anfang normal. Balzendes Paar mit guter Vertreibung von anderen Greifvögeln im Brutgebiet durch das Männchen. Regelmäßiger Besuch von 1-2 weiteren Männchen und teilweise auch einem zusätzlichen Weibchen. Nestbau und Bebrütung der 4 Eier ganz normal. Erfolgreiches Gattern des Nestes. Kurz vor dem zu erwartendem Schlupf war das Paar verschwunden. 1 Ei lag unberührt im Nest. Auf den Verbleib der 3 weiteren Eier gab es keinen Hinweis - keine Schalenreste im Nest. Auch Kotspuren von Schlüpflingen waren nicht vorhanden.

 

Regionale Ausweitung des Untersuchungsgebietes

Wir haben 2022 unsere Aktivitäten weiter in den Hohen Fläming ausgeweitet, da dort balzende Paare beobachtet wurden und wir dann dort auch die einzige Brut gefunden haben. Diese Erweiterung wird auch in den Folgejahren unser Untersuchungsgebiet und damit den notwendigen Such- und Schutzaufwand erhöhen.

 

Bisher erstreckte sich unser Untersuchungsgebiet von Dahme bis zur Bundesautobahn A 9 im Bereich Niemegk und Sixdorf.

Beobachtungen und damit auch neue regionale Suchen erstreckten sich auf die Bereiche Treuenbrietzen und Kranepuhl. 

In den Belziger Landschaftswiesen wurden vermehrt Wiesenweihen ab Anfang Mai beobachtet. Zusammen mit der Vogelschutzwarte in Baitz und deren ehrenamtlicher Helfer wurden gezielt Wiesenweihen gesucht. Aber auch hier kamen wir über einen Brutverdacht und zumindest ein dauerhaft anwesendes Paar nicht hinaus. Hier hoffen wir 2023 endlich eine Brut nachweisen zu können.

Auch auf der Seite Sachsen-Anhalts waren wir verstärkt unterwegs und etliche Beobachtungen im Kreis Lutherstadt Wittenberg von der Landesgrenze bis zur Elbe erfordern 2023 verstärkte Aufmerksamkeit.

 

Angrenzende Gebiete

  • Im an unser Brandenburger Untersuchungsgebiet angrenzenden Kreis Wittenberg wurden einige Wiesenweihen beobachtet, es bestand aber kein konkreter Brutverdacht.
  • Im Trappengehege bei Buckow fand eine erfolgreiche Brut statt.
  • In der Prignitz und Ostprignitz-Ruppin gab es etliche Beobachtungen (ornitho.de) und Stefan Jansen konnte auch 2022 wieder einige Brutpaare finden und gattern.

 

Wetter und Vegetationsentwicklung

Das Frühjahr war durchschnittlich und der Sommer wieder warm und trocken. Insofern keine abweichende Vegetationsentwicklung, die Auswirkung auf die Wiesenweihen und deren Brut hätte haben können.

 

Nahrungsangebot

Wir hatten den Eindruck, dass sich gegenüber 2021 der Mäusebestand weiter verringert hat. Vielleicht hat dies mit dazu beigetragen, dass sich weniger Wiesenweihen im Gebiet aufgehalten haben und die ansiedlungswilligen Paare wieder abgewandert sind.

 

Wiederfunde beringter Vögel

  • Ein von uns 2014 beringter Jungvogel wurde in der Altmark / Sachsen-Anhalt von Rene Fonger als Männchen eines erfolgreichen Brutpaares gefangen und mit einem Sender versehen. Der Zugweg und weitere Information über das dortige Schutzprojekt können unter diesem Link: https://www.bund-sachsen-anhalt.com/themen/artenvielfalt-erhalten/wiesenweihe/ verfolgt werden.
  • Ein von uns 2020 beringter Jungvogel zog 2022 erfolgreich 4 Jungvögel nahe Poznan /Polen auf. Er wurde mit Flügelmarken versehen und leider am 08. September 2022 in Algerien auf seinem Weg ins Winterquartier in der Sahel-Zone geschossen.

 

Öffentlichkeitsarbeit

  • Auch in diesem Jahr warben wir in Vorträgen für die Wiesenweihe und deren Schutz.
  • An der Uni Potsdam wurde - wie jedes Jahr - die Biologie der Wiesenweihe und deren Schutz im Rahmen eines Seminars vorgestellt und mehrere studentische Exkursionen durchgeführt.
  • In der regionalen Presse erschienen wieder Artikel über den lokalen Wiesenweihenschutz.
  • Über die Verleihung des Naturschutzpreises wurde landesweit in RBB-Fernsehen, in mehreren Radiosendungen und der Presse berichtet (siehe "Das Projekt" --> "Ausgezeichnet!").

 

Unser Team

Anje und ich wurden auch 2022 von unseren regelmäßigen und unverzichtbaren Helfern unterstützt.

  • An allererster Stelle sind hier wieder Marianne Berthold und Axel Goldau für ihren unermüdlichen Einsatz zu nennen.
  • Herbert Henderkes war wieder auf der Suche nach Paaren, um dann deren Identität durch Fotografieren der Beringung herauszufinden.
  • Gabriele Kostas, die vor etlichen Jahren schon mal aktiv war, stieß wieder zu uns und suchte fleißig nach neuen Vorkommen.
  • Die Außenstation Baitz der Staatlichen Vogelschutzwarte mit ihren ehrenamtlichen Helferteam hat sich alle Mühe gegeben, eine Brut in den Belziger Landschaftswiesen zu finden.

 

Alle haben ihren Beitrag zum Schutz der Wiesenweihe geleistet und ihnen ist herzlich zu danken.

 

Aufwand

Gesamtaufwand: 843 Stunden und 10.050 km.

Antje und ich fuhren auf der Suche nach Bruten und deren Betreuung 8.500 km und wandten 577 Stunden für die Schutzarbeit auf.

Marianne Berthold und Axel Goldau fuhren 1.000 km mit dem Fahrrad in 236 Stunden.

Gabriele Kostas unterstützte mit 550 km und 30 Stunden

 

Unterstützung

  • Auch 2022 wurden wir - wie auch im Vorjahr- finanziell von der Stiftung Pro Artenvielfalt unterstützt.
  • Das Komitee für Vogelschutz gewährte uns 2022 erstmalig eine Finanzhilfe.
  • Der Stiftung Naturschutz Fonds Brandenburg ermöglichte uns die Anschaffung von Nestschutzgattern und Elektrozäunen.

 

Ehrung

Antje und ich wurden für unsere Wiesenweihenschutzarbeit mit dem Naturschutzpreis des Landes Brandenburg ausgezeichnet. Wir nahmen im Rahmen einer feierlichen Preisverleihung auf dem Gelände der Landesgartenschau in Beelitz den Preis gerne und stellvertretend für unsere Team und alle Wiesenweihenschützer aus der Hand von Umweltmister Axel Vogel entgegen. Neben Reden der Stiftung NaturSchutzFonds Brandenburg, des Ministers, der stellvertretenden Landrätin des Kreises Teltow-Fläming, der Vertreterin der Gemeinde Niedergörsdorf haben wir uns besonders über die Laudation des Geschäftsführers der Agrargenossenschaft Oehna, Herrn Fuchs, gefreut. Dieser Betrieb hat seit 2010 fast alljährlich meist mehrere Wiesenweihenbruten auf seinen Flächen und unterstützt unsere Arbeit ganz wesentlich. Diese Rede stellte die gute Zusammenarbeit zwischen unserem ehrenamtlichen Naturschutz und „unseren“ Landwirten mit Wiesenweihenbruten auf ihren Flächen heraus. In unseren Dankesreden konnten wir für den Schutz der Wiesenweihen werben. Wir freuten uns, dass viele unserer Mitstreiter und auch des behördlichen Naturschutzes an der Preisverleihung teilnahmen. Dies war eine einmalige Gelegenheit, Aufmerksamkeit für den Schutz der Wiesenweihen in Brandenburg und darüber hinaus zu erlangen.

 

Die Preiskriterien sind:

  • Innovation und Kreativität der Leistung, die mit hohem persönlichem Engagement und Hartnäckigkeit umgesetzt wird,
  • Vorbild- und Modellcharakter der Leistung, die auf andere Regionen Brandenburgs oder darüber hinaus übertragbar ist.
  • regionale Verankerung der Leistung, die sich in der Einbindung der Bevölkerung, dem Aufbau eines Netzwerkes oder auch der Medienwirksamkeit zeigt.
  • Nachhaltigkeit der Leistung, sowohl im ökologischen wie auch im zeitlichen Sinn: das Projekt wirkt nach.
  • Die Leistung sollte innerhalb der letzten 24 Monate und in Brandenburg umgesetzt worden sein.

 

Bildung für nachhaltige Entwicklung - Zertifizierung

Der Wiesenweihenschutz ist uns so wichtig und eine Herzensangelegenheit, dass wir vor längerer Zeit beschlossen haben, ein umfangreiches Bildungsprogramm für Landwirte und die Bürger im ländlichen Raum zu entwickeln, auch um zukünftig Wiesenweihen besser zu schützen. Über ein Jahr hat Antje viel Zeit und Geld in die Entwicklung dieses einmaligen Projektes investiert.

Nach dem anspruchsvollen Antragsverfahren wurden wir von der Brandenburger Kommission zur Zertifizierung von Bildungszentren und Bildungspartnern für eine nachhaltige Entwicklung zertifiziert.

 

Das Zertifikat „Natürlich. Nachhaltig. BNE in Brandenburg“ wird uns auf dem Runden Tisch BNE am 09. November 2022 von Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz Axel Vogel übergeben

 

BNE steht für Bildung für nachhaltige Entwicklung. Sie möchte den oder die Einzelne*n befähigen, zu einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen und mit diesem Beitrag das große Ganze zu bewegen.

Wissen ist die Grundlage, um Probleme wahrnehmen und nachhaltiges von nicht-nachhaltigem Handeln unterscheiden zu können. Zudem sind Einstellungen und Werte wichtig, damit auf Wissen Handeln folgt. Nachhaltige Entwicklung lässt sich nur gemeinsam mit anderen verwirklichen. Dazu sind soziale Kompetenzen notwendig, um mit anderen Menschen zusammenarbeiten zu können.

Dazu gehört über den eigenen Tellerrand zu blicken und globale Perspektiven einzunehmen sowie Verantwortung für kommende Generationen zu übernehmen.

 

Sowohl beim Naturschutzpreis als auch der BNE-Zertifizierung wurde in den Kriterien besonderen Wert gelegt auf eine starke lokale Einbindung in die ländliche Bevölkerung und z.B. die Kooperation mit der Landwirtschaft sowie die Öffentlichkeitsarbeit.

 

Homepage

Dank unsere „Webmasterin“ Heidi Witzmann wurde unsere Website (www.wiesenheihen-brandenburg.de) neugestaltet und hatte eine hohe 3-stellige Klickzahl. In den Wintermonaten wird die Website aktualisiert.

 

Danksagung

Auch 2022 konnten wir wieder auf die Unterstützung durch die Staatliche Vogelschutzwarte Brandenburg zählen.

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